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Die verlorene Weihnachtsgeschichte

Eine TEAM BENEDIKT Weihnachtsgeschichte nach Roland Rauch

Es war einmal ein Engel, der hatte seinen festen Platz bei den himmlischen Heerscharen und hatte bis jetzt auch an nichts anderes gedacht, als zur rechten Zeit seine Harfe zu spielen und seinen weißen Arbeitsanzug sauber zu halten. Das ging schon seit vielen tausend Jahren so und Jonny, so hieß er, hätte sich nicht träumen lassen, dass sich daran einmal etwas ändern würde.

Aber es kam doch anders. Der Herrgott, den Jonny sehr gerne mochte, weil er so schön gütig war und sich noch nie beschwert hatte, wenn er mal einen falschen Ton auf seiner Harfe spielte, hatte nämlich einen himmlischen Plan gefasst. Und zwar beschloss der Herrgott, dass es an der Zeit wäre, den Menschen ein Zeichen zu geben, dass es ihn noch gäbe.

Dazu schien es Gott auch höchste Zeit zu sein, denn die Menschen waren gerade eifrig dabei, immer mehr von dem kaputt zu machen, was er mit so viel Liebe geschaffen hatte. Gott wurde angst und bange, wenn er nach unten blickte. Gerade neulich hatte ihn wieder ein furchtbarer Knall aus dem Schlaf gerissen und es hatte bis zu ihm herauf geblitzt. Den Engeln hatte es fast den Heiligenschein weggeblasen.

Gott rief also Jonny zu sich und sprach sehr lange und ernsthaft mit ihm über seine Sorgen. Schon einmal hatte er versucht, den Menschen Klarheit zu schenken, damit sie nicht so viel kaputt machen. Damals war auch ein Bote auf die Erde geschickt worden, erzählte Herrgott. Aber die Mission war nicht wunschgemäß verlaufen: Der menschliche Körper des Boten wurde an ein Kreuz genagelt und dann machten die Menschen noch eine unglaublich ernste Geschichte aus seinem Leben. Eine Geschichte, die sich die Menschen zwar anhörten, aber nicht mehr verstanden. Und daher kam das Liebe, das in der Geschichte steckte, nicht mehr hervor und die Welt wurde kälter und kälter.

Also meinte Gott: „Pass auf Jonny, du nimmst dir jetzt deine Harfe, ziehst deinen leuchtenden Arbeitsanzug an und dann gehst du runter auf die Erde. Dort suchst du dir jemanden, der oder die die Weihnachtsgeschichte wirklich verstanden hat. Den oder die wirst du dann bitten und ermutigen und ihm oder ihr die Kraft geben, sie allen anderen Menschen zu erzählen. Während dieser Erzählungen spielst du auf deiner himmlischen Harfe, um die Herzen der Menschen aufzuschließen. Alles was in der Weihnachtsgeschichte erzählt wird, wird dann direkt in die Herzen der Menschen dringen.“

Jonny war begeistert. Da Heiligabend nicht mehr fern war, machte er sich auch gleich auf den Weg zu den Menschen. Er überlegte, welche Menschen die Weihnachtsgeschichte wohl am dringendsten nötig hätten. Nachdem er einige Zeit auf die Erde heruntergeschaut hatte, wählte er die sogenannten zivilisierten Menschen in diesen sogenannten reichen Ländern. Es war aber gar nicht einfach dort einen Menschen zu finden, der als Erzähler oder Erzählerin in Frage käme.

In einer Einkaufsstraße fand Jonny einen Mann mit einem gemütlich aussehenden Bart, einer Zipfelmütze, umringt von Kindern, denen er Weihnachtsmärchen erzählte. „Das muss er sein,“ dachte Jonny und schwebte zu ihm herunter. Aber je näher er kam, um so verwirrter wurde Jonny: die Kinder hörten ja gar nicht richtig zu! Woran lag das nur? Und dann merkte er, dass die wahre Stimme des Mannes durch ein Mikrophon verfälscht war. Der Bart war nicht echt, die Mütze war aus Pappe. Die Geschichte, die er erzählte, interessierte ihn nicht, obwohl sie wirklich sehr schön war. Außerdem war er von so hellen Lampen angeleuchtet, dass er seine Zuhörer gar nicht anschauen konnte.

Das war er also nicht. Schnell schwebte Jonny weiter. „Ob alle Menschen so sind?“ fragte er sich. Da kam er an einer Kirche vorbei. Das sollte ein Ort sein, wo die Menschen noch von Gott und seiner Liebe wussten. Schnell schwebte Jonny herunter. Tatsächlich, der Oberpriester erzählte gerade die Weihnachtsgeschichte. Aber was war das? Die wenigen Zuhörer waren ja gar nicht von der Liebe der Geschichte erfüllt!

Wäre das der Fall gewesen, hätten sie sich doch umarmen müssen, zumindest ab und zu einmal anlächeln. Aber nichts von alledem. Jonny spürte auch den Grund. Der Pastor glaubte und fühlte selbst nicht, was er erzählte. Er hatte die Geschichte jahrelang studiert, zerpflückt, analysiert, hinterfragt, so dass von der Wärme, den feinen unberührbaren Zusammenhängen nichts mehr übrig war. Deshalb konnte er die Geschichten auch nicht aufrichtig erzählen.

Entmutigt verließ Jonny die Kirche. Sollte es auf dieser Welt etwa niemanden mehr geben, der die Weihnachtsgeschichte wirklich erzählen konnte? Er schwebte weiter, vorbei an den hektischen, geschenkehortenden Menschen, den stinkenden Autos und dem Lärm. Solange, bis es stiller wurde, bis die Menschen weniger und stiller wurden, bis dahin, wo die Stadt den Schnee nicht mehr zu einem endlosen grauen Matsch einschmolz und noch weiter.

Jonny fand ein kleines Dorf, im Norden eine Kirche, in der Mitte ein Haus, darin ein warmes Zimmer mit einem Ofen und daneben ein Mädchen beim Stricken. Es strickte und dachte dabei an die Schafe, die die Wolle für die Menschen hergaben und an die Hirten, die dort draußen in der Kälte auf die Schafe aufpassten. Und das Mädchen mochte die Schafe und die Hirten, die Menschen und ganz besonders die Kinder.

Und was das Wichtigste für Jonny war, das Mädchen kannte auch die Weihnachtsgeschichte. Sie erzählte sie gerne den kleinen Kindern, auf die sie manchmal aufpasste. Die Augen der Zuhörer fingen dann an zu leuchten und die Wärme der Geschichte erfüllte sie.

„Endlich,“ dachte Jonny, „hier ist meine Aufgabe, hier habe ich den Menschen gefunden, der die Welt erleuchten kann.“ Und Jonny holte seine Harfe heraus und spielte sie an. Plötzlich war die Welt um das Mädchen wie verzaubert. Menschen, die vorher gar kein Interesse an der Geschichte hatten, kamen plötzlich herbei, baten, die Geschichte zu erzählen, hörten zu, tauten in ihrem Inneren auf, wurden lebendig und verstanden die Geschichte mit Begeisterung. Ihre Herzen schlugen höher und die Menschen erzählten die Geschichte weiter, denn sie merkten, wie viel Liebe sich Menschen geben können.

Die Menschen sahen auf einmal, wie grau die Welt war, die sie sich erschaffen hatten. Sie wollten auf einmal leben, weil sie an das lebende Kind im Stall von Bethlehem dachten. Sie trafen sich überall, um die Weihnachtsgeschichte zu hören und sie nahmen sich die Zeit dazu, die sie vorher nie gehabt zu haben glaubten. Und so gaben Jonny und das Mädchen so viel Liebe, die mit himmlischer Hilfe auf offene Herzen traf, an die Menschen weiter, dass die Welt ein ganz kleines Stück besser wurde.

Das Einzige, was das Mädchen und auch Jonny nicht wussten, war folgendes: Gott hatte viele, viele, viele Jonnys auf die Erde geschickt und in jeder Ecke und überall fanden sie Menschen, ein Mädchen, einen Jungen, einen Mann, eine Frau, die die Weihnachtsgeschichte noch verstanden. Und all die Jonnys halfen all den Menschen, sie weiter zu erzählen. Und darum scheint es doch so zu sein, dass die Weihnachtsgeschichte nicht verloren ist.

 

Frohe Advents- und Weihnachtstage und einen gesunden Start in ein erfülltes Jahr 2021 wünschen wir alle vom TEAM BENEDIKT. Möge die Weihnachtsgeschichte unsere Herzen weiten und das wertschätzende Miteinander stärken.

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